In dieser dunklen Jahreszeit sind viele Menschen traurig, depressiv – sie haben den „November-Blues“.
Kein Wunder – das wunderschön gefärbte Laub fällt beim heftigen Regen herab, der Himmel ist oft dunkelgrau, die Sonne selten zu sehen. Es gibt die Feiertage Allerheiligen und Allerseelen, den Buß- und Bettag, den Volkstrauertag und den Totensonntag. Man gedenkt der Toten, geht auf den Friedhof und wird sich der Endlichkeit des eigenen Lebens bewusst.
Ich habe am Ewigkeitssonntag – wie man hier den Totensonntag auch nennt – mit der Burger Kantorei im Gottesdienst gesungen. Die Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt, denn es wurde der Verstorbenen des abgelaufenen Kirchenjahres gedacht. Fast 100 Namen wurden vorgelesen – auch von Menschen, die nicht evangelisch waren – und für jeden Einzelnen wurde am Altar eine Kerze angezündet. Wunderschön waren diese Minuten des stillen Gedenkens.
Dann durften diejenigen Menschen eine Kerze anzünden, die an einen Verstorbenen denken, der nicht im letzten Jahr gestorben oder nicht auf dem Burger Friedhof beigesetzt worden ist. Viele Menschen erhoben sich von ihren Sitzen. Auch ich wäre gerne nach vorne gegangen, aber wir sangen zu dieser Zeit gerade eines unserer schönsten Stücke. Ich dachte an den Menschen, an den ich denken wollte, sang mit besonderem Gefühl – und zündete dann zu Hause eine Kerze an. Auch mein Mann war froh darüber, dass die Kerze für unsere beiden Mütter leuchtete.
Hier auf Fehmarn empfinde ich den November nicht als trübe und traurig – fast jeden Tag scheint irgendwann die Sonne, ich habe mit Senta, unserer Berner Sennenhündin, einen wunderschönen Sonntagsausflug zum Strand gemacht. Und es ist wieder ein neues Buch fertig geworden: Der „Fehmaraner Sonnengesang“, den ich am kommenden Samstag, dem 1. Dezember, zusammen mit meinem Studienfreund Wolf Kalipp im Café Jedermann in Burg präsentieren werde.
Es war ist für mich – auch beim elften Buch – immer noch ein unglaubliches Glücksgefühl, das neue Buch in den Händen zu halten. Ich hätte die ganze Welt umarmen können – es ist sehr schön geworden, und gestern kamen dann auch die 25 Exemplare der Sonderausgabe in Hardcover hier an. Denn seit ich meinen Verlag gegründet habe, träume ich davon, so ein mittelgroßes Hardcoverbändchen mit Fotos und Texten zu publizieren. Es ist aus finanziellen Gründen fast unmöglich für einen kleinen Verlag – aber die Idee der limitierten Sonderauflage hat es möglich gemacht. Und so freue ich mich, auch auf die Lesung, die übermorgen stattfindet.
Kann ein solches Glück noch gesteigert werden? Oh doch, man muss das Glück nur herausfordern, dann hat man es auch auf seiner Seite. Das habe ich schon als junge Musiklehrerin gelernt, als ich mit meinem Schulorchester in die Partnerstadt Agen in Südfrankreich gefahren war. Ich werde also am Samstag zum Bahnhof fahren und meinen Studienfreund vom Zug abholen – es ist ein Wiedersehen nach fast 40 Jahren!
Aber grundlegend für mein diesjähriges November-Glück ist etwas anderes, viel Einfacheres: In unserer Familie leben seit dem 22. Oktober zwei kleine Kätzchen, Larissa & Laura. Das ist so entzückend, so reizend, diese Kätzchen zu beobachten und mitzuerleben, wie sie allmählich ihre Welt erobern. Inzwischen wissen sie, dass ich der „Dosenöffner“ in der Familie bin, und dass es bei uns leckeren Käse zum Frühstück gibt. Sie laufen mir überallhin nach, auch auf den Schreibtisch. Dann sind sie ganz interessiert, was auf dem Bildschirm zu sehen ist. Und sie hüpfen auf die Tastatur, legen sich schließlich zusammengerollt unter den Computer und schnurren und schlafen.
Ganz ehrlich – ich kann mich nicht mehr ärgern und habe nur selten schlechte Laune , ja ich freue mich und lache – in dem Moment, wenn die Kätzchen mir miauend entgegen kommen, auf meinen Schoß springen, sich einkuscheln, Weitsprung vom Drucker auf den Schreibtisch üben, auf der Treppenstufe sitzen und mich erwarten, auf der Liege mit meinem Mann schlafen, mit der Berner Sennenhündin Senta schmusen, die Tüte mit den Leckerli stibitzen, ja sogar, als sie bei ihren Sprungübungen in der Küche mein iPad zu Boden befördert haben (Totalschaden) – ich spüre ein solches Glücksgefühl, das ich gar nicht beschreiben kann.
Und wenn mich dann alle vier – mein Mann, Senta und Larissa & Laura anschauen, wenn ich das Abendessen zubereite, wie es ihnen dann allen schmeckt – das ist einfach schön!
Das ist Glück pur, Novemberglück!
Das Glück kann so einfach sein – wenn Sie kein Haustier haben, dann schaffen Sie sich doch ein Vogelhäuschen an, oder füttern Sie die Vögel im Stadtpark oder die Möwen am Strand. Hier und heute Abend liegt Senta hinter mir, schläft und schnarcht ein wenig, sie ist einfach da und lässt mich nicht alleine. Auch wenn ich noch um Mitternacht im Blog schreibe. Das macht mich glücklich.
Auch die Zuwendung zu einem einsamen und/oder kranken Menschen kann ein solches Glücksgefühl auslösen: Zu spüren, dass man einen Moment ganz für den anderen da ist, dass es ihn glücklich macht – das macht uns selber glücklich. Und wenn Sie ganz alleine sind, dann singen Sie doch einfach ein Lied, vielleicht ein altes Volkslied, einen Schlager oder ein Adventslied.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen beschaulichen Ausklang des dunklen Novembers und einen guten Start in die Adventszeit, wo uns immer wieder ein Licht leuchten wird.