Heute vor drei Wochen brachte ich Hans Christian ins Krankenhaus, nun ist er bereits seit zwei Wochen beerdigt. Die Zeit rennt, und manchmal scheint sie stillzustehen.
Ich danke an dieser Stelle allen, die mir durch ihre Kommentare in den letzten beiden Blogs Trost gespendet haben – ich habe vor einigen Tagen jedem eine Antwort geschrieben.
Oft werde ich gefragt, wie es mir geht – der Schmerz des Verlustes, die große Erschöpfung nach jahrelanger Pflege, die vielen Angelegenheiten, die jetzt geregelt werden müssen – all das lässt mich oft nicht zu Besinnung kommen.
Da helfen die Spaziergänge mit Senta und das wunderschöne Frühlingswetter hier auf der Insel. Das Foto zeigt Senta am Grab ihres Herrchens, einen Tag nach der Beerdigung. Sie lief zielstrebig mit mir die 2 km zum Friedhof in Landkirchen, setzte sich am Grab zuerst hin und legte sich dann hin, als wolle sie dort bleiben und auf Herrchen aufpassen. Inzwischen sind wir schon mehrfach dort gewesen, jedes Mal setzt sich Senta hin, und wenn ich alles gesagt habe, was ich Hans Christian erzählen wollte, steht Senta auf und wir treten den Rückweg an.
Ich habe wieder mit der Verlagsarbeit begonnen, arbeite manchmal im Flow und bin glücklich über die Zusammenarbeit mit vielen freundlichen Menschen. Das Leben schickt einem immer das, was man braucht, so heißt es – und so staune ich über Anfragen und Anrufe von angehenden Autoren, die mir in den letzten Tagen mehrfach Überraschungen bereitet haben.
Hier zu Hause läuft vieles so wie früher – nur ohne Hans Christian. Ich decke den Tisch schön und trinke jeden Abend auf diesen schönen Tag. Senta sitzt jetzt meist an Hans Christians Platz, aber so allmählich lernt sie, dass auch ich da wieder sitze. Dann legt sie sich traurig daneben.
Vor ein paar Tagen war unser 13. Verlobungstag – wie jedes Jahr habe ich eine schöne Frühlingsschale geholt, und so erinnere ich mich an all die schönen Verlobungstage, die wir zusammen gefeiert haben.
Es trifft immer noch jeden Tag Trauerpost ein – mit viel Trost und Erinnerungen an frühere Zeiten, die ich nicht alle miterlebt habe – Jugend und Schulzeit, Zeit als Lehrer und Schulaufsichtsbeamter, Schachclub, Freunde, Urlaube, Nachbarn. Dazu viel Tröstendes und Hilfreiches für mich. Ich stelle alles auf unserem Flügel und dem Sideboard dahinter auf, zünde die Kerzen an – fast so, wie wir es immer bei unseren Geburtstagen gemacht hatten.
Wir hatten ein reiches Leben und wir haben mehr Zeit miteinander verbracht, als manches Paar, das schon 40 Jahre verheiratet ist. Wir haben alles getan, was uns wichtig und richtig erschien, wir haben unsere Träume gelebt. Und es verging kein Tag, an dem wir uns nicht gesagt haben, wie lieb wir uns haben.
All das hilft mir in dieser Zeit der Trauer. Unser gemeinsames Leben hat einen würdigen Abschluss gefunden – auch durch den feierlichen Trauergottesdienst mit der so persönlichen emotionalen Ansprache durch Pfarrer Kark-Carlson am Valentinstag. Er hatte die Liebe als Thema genommen:
Die Liebe hört niemals auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird. (1. Korinther 13,8)
Das Lied „Aber die Liebe bleibt“ von Nana Mouskouri erklang:
Zeit wird Raum, aber die Liebe bleibt
Wunsch wird Traum, aber die Liebe bleibt
Wenn uns auch das Leben vieles nahm
Was ich von dir bekam das werd ich nie verlieren
Der Schmerz vergeht, aber die Liebe bleibt
Und gibt der Hoffnung einen Sinn
Was die Welt in goldene Bücher schreibt
Macht nicht wirklich reich, aber die Liebe bleibt
Ich erinnere mich, dass wir Ende 2012 einen Psychologen aufgesucht hatten, der helfen konnte, negative Gefühle in positive zu verwandeln. Ihm hatte ich gesagt, dass ich trauere, weil mein Mann mich durch seine Krankheit verlässt, obwohl er noch da ist. Zu Weihnachten 2012 schenkte uns Marlene den Text „Behandlung durch Liebe“ von Louise L. Hay. Deren Bücher gaben mir im vergangenen Jahr viel Kraft und ich lernte, immer positiv zu denken. So konnte ich seitdem mit lauter positiven Gefühlen und Gedanken leben und meinen Mann mit Liebe pflegen. Die Liebe bleibt und hilft mir auch jetzt, den endgültigen Verlust zu akzeptieren.
Die Erinnerungen an negative Momente während der vielen Jahre der Krankheit und Pflege verblassen und machen Platz für die Erinnerungen an die glücklichste Zeit meines Lebens mit meiner großen Liebe.
Aber die Liebe bleibt