Eine Erinnerung vom 27. Dezember 2010
Das habe ich mir von Anfang an vorgestellt, seit wir Anfang September das Haus in Neujellingsdorf gekauft haben: Weihnachten im eigenen Haus. Das Licht des Weihnachtsbaums leuchtete in meinen Gedanken und machte Mut, all das durchzuhalten, was mit dem Umzug verbunden war. Viele Probleme gab es, aber alle hatten bereits die Lösung in sich – einige Lösungen müssen wir allerdings noch finden.
Am 23. Dezember war ich enttäuscht: Ich hatte einen wunderschönen Weihnachtsbaum gekauft, aber an unserem Christbaumständer klemmte die Schraube zum Feststellen. Die Fahrt ins 2 km entfernte Nachbardorf war schon sehr beschwerlich gewesen, weil die Straße vom Schnee zugeweht war. Noch einmal nach Burg fahren – unmöglich. Also rief ich bei der Gärtnerei in unserem Dorf an, da könnte ich zu Fuß hingehen. Man versprach mir, den Chef um Rat zu fragen. Die Gärtnerei rief später an, der Chef würde mir einen Christbaumständer aus dem Baumarkt besorgen und nach Hause bringen. Aber bis zum Abend kam niemand, unser schöner Weihnachtsbaum lehnte ein wenig traurig neben dem Kamin an der Wand.
Als ich am 24. Dezember wach wurde, dachte ich sofort an den Weihnachtsbaum. So viele Wochen hatte ich mich schon darauf gefreut, mit Hans Christian am Heiligabend vor dem Weihnachtsbaum zu sitzen, den Kerzenschein zu genießen und Weihnachtslieder zu singen. Was ist denn, wenn ich ihn nicht aufstellen kann? Es schneite und schneite, keine Chance, irgendwohin zu fahren … Ich rief in der Gärtnerei an und war erleichtert: Der Chef hatte den Christbaumständer bei uns vor die Haustür gelegt! Und wenig später stand der schönste Weihnachtsbaum, den wir seit Jahren gehabt hatten, kerzengerade zwischen dem Kamin und dem Flügel und wartete darauf, geschmückt zu werden.
Seit Mittwoch nachmittag hatte es ununterbrochen geschneit, der Schnee türmte sich im Garten und hinter dem Haus hoch auf. Der Nordwind trieb immer mehr Schnee heran. Post war schon drei Tage lang nicht mehr gekommen, aber einige Emails kamen an, in denen sich liebe Freunde für unsere Weihnachtspost bedankten, die ich am 22. Dezember zur Post gebracht hatte. Aber das war gar nicht wichtig für uns. Wichtig war, dass Hans Christian im Sessel saß und zuschaute, wie ich unseren Weihnachtsbaum schmückte und die schöne alte Krippe aufbaute.
Am Heiligabend bereitete ich in unserer gemütlichen Küche das Weihnachtsessen. Es war schon spät, als wir ins Wohnzimmer gingen. Die 25 roten Kerzen an unserem Weihnachtsbaum hatte ich vorher angezündet, die Geschenke und die bunten Teller standen unter dem Baum, bedeckt von der Weihnachtsdecke aus meiner Kinderzeit. Und ich legte die alte Weihnachtsplatte auf, von der nun das Lied von der Stillen Nacht erklang. Wir beide saßen gemütlich auf dem Sofa und schauten den schönsten Weihnachtsbaum an, den wir in unserer gemeinsamen Zeit seit 13 Jahren gehabt hatten und hörten Weihnachtslieder von der CD.
Es war schon nach Mitternacht, als die Kerzen abgebrannt waren und wir die Geschenke auspacken konnten. Der Sturm brauste immer noch, aber es hatte aufgehört zu schneien. Bevor wir ins Bett gingen, spielte ich noch einmal das alte Lied von der „Stillen Nacht“ auf unserem Flügel. Es war eine wirklich stille und stimmungsvolle Weihnachtsnacht.
Am Morgen des ersten Weihnachtstages war ich schon früh wach. Auf der kleinen Straße vor unserem Haus war kein Mensch zu sehen, nur ein Bagger war schon mal vorbei gefahren, um Schnee zu räumen. Der erste Weihnachtstag ist der Tag, an dem die wenigsten Emails geschrieben werden. Eine selige Ruhe herrschte in meinem Mailprogramm. Nur wegen der neuen Buchprojekte wechselte ich ein paar Emails mit Freunden. Später am Nachmittag saß ich gemütlich im Sessel, mit dem MacBook auf dem Schoß, während Hans Christian sich auf dem Sofa ausruhte. Denn im Obergeschoß konnten wir uns nicht aufhalten, es war dort sehr kalt aufgrund des anhaltend starken und kalten Nordostwindes. Unten aber war es warm und gemütlich vor unserem schönen Weihnachtsbaum.
Abends kam dann das „große Kochereignis“ – das war nun endgültig die letzte Ente, die ich zubereite. Manch einer erinnert sich vielleicht noch an meinen Blog vom vorigen Jahr „Ente mit Äpfeln und Maronen“, in dem ich schrieb: „Ich koche ja eigentlich gerne, aber man sollte sich nicht zum Sklaven der Küche machen. Nächstes Jahr wird es ein einfacheres Essen geben …“
Mehrere Stunden saßen wir und warteten auf das Ergebnis. Es hat ja ganz gut geklappt mit dem Braten im Backofen, aber ich schaffte es nicht, das Tier richtig zu zerlegen. Alles war schließlich fettig, zwar schmeckte es ganz gut, aber es bekam uns nicht so besonders. Zwei Spülmaschinenfüllungen waren fällig, am nächsten Morgen musste ich nochmal spülen und die Küche sauber machen. Das alles ist völlig unangemessen für zwei Personen, nur weil Weihnachten ist. Da sind Hans Christian und ich uns einig.
Am zweiten Weihnachtstag hätte es viel einfacher werden können, weil wir nur die Reste erwärmen mussten. Aber wir schauten uns das „Traumschiff“ im Fernsehen an und vergaßen ganz zu essen. Dann gingen wir früh zu Bett – der Wind hatte plötzlich aufgehört, im Haus war es wieder warm. Wir träumten von unserem ruhigen und friedlichen Weihnachtsfest in Neujellingsdorf – ohne Familientreffen, Reisen, Geschenkerummel und Telefonmarathon.
Früher, als ich noch zur Schule ging, fuhren wir schon vor Heiligabend in den Winterurlaub. Es waren stets wunderbare friedliche und besinnliche Weihnachten, in den verschneiten Bergen.
So ähnlich hatten wir es jetzt ja auch, nur ohne Berge. Dafür aber im eigenen Haus und mit einem wunderschönen Weihnachtsbaum. Mit Vögeln im Garten, Rehen auf dem Feld und der Ostsee in Sichtweite. Heute kam der Postbote wieder, aber Briefe brachte er noch nicht. Darauf müssen wir noch ein wenig warten. Hier auf Fehmarn ist unsere Weihnachtspost auch noch nicht angekommen. Wie gut, dass es Emails gibt! Denn ins Internet kommt man auch in Neujellingsdorf – wenn auch ein wenig langsamer als in München, Bamberg oder Hamburg.
Das Kind in der Krippe, der Stern über Bethlehem – sie symbolisieren die Hoffnung der Menschheit auf den Frieden in der Welt und unter den Menschen. Sie geben uns Mut und Zuversicht, trotz mancher Probleme und Einschränkungen gut leben zu können, nicht allein zu sein, wenn das Leben einmal dunkel für uns ist. Erst heute habe ich erfahren, dass im Dorf ein Kind zur Welt gekommen ist. Und vor einigen Tagen haben wir hier einen wundervollen Sternenhimmel und helle Nächte erlebt.
Weihnachten in Neujellingsdorf – wir waren eingeschneit, es herrschte Ruhe und Frieden. Die 25 Kerzen an unserem Weihnachtsbaum haben in der heiligen Nacht hell geleuchtet. Sie halfen, uns auf das Wesentliche in unserem Leben zu besinnen, immer wieder ein Licht zu sehen, auch wenn es manchmal ganz dunkel um uns herum ist.
Ich wünsche Euch allen, dass Ihr an den Weihnachtstagen ein Licht gefunden habt, das Euch leuchtet und Euch Mut und Zuversicht gibt. Ich wünsche Euch einen guten Rutsch ins Neue Jahr und viel Glück und Gesundheit in 2011.
Beate Forsbach
Neujellingsdorf/Fehmarn am 27. Dezember 2010
Und hier nochmal die Version zum Anhören: