Diese Reise hatte ich geplant, um Sentas Asche nach Armentarola zu bringen. Ich hätte mir vorher nie vorstellen können, wie sie ausgegangen ist: Ich bin ohne Hund nach Hause gekommen.

Dabei bin ich mit zwei Hunden losgefahren: mit Sentas Asche in der Urne und der jungen Kelpiehündin Lucie, die vier Wochen nach Sentas Tod in mein Leben gekommen war.

Im Sommer letzten Jahres hatte ich beschlossen, dass ich keinen Hund mehr haben wollte, wenn Senta über die Regenbogenbrücke gegangen wäre.

Schon seit einigen Jahren hatte ich ihr versprochen, dass sie auf jeden Fall wieder hierher nach Armentarola zurückkehrt – ich hatte mir vorgenommen, was ich jetzt dann auch getan habe.

Aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie so bald sterben würde.

Am 30. März war es dann soweit: Ich habe Sentas Asche dem Fluss des Lebens übergeben. Lucie war dabei, als ich sie in den Gaderbach streute. Ich bin so dankbar für all die schönen Jahre, die ich mit Senta erlebt habe – 16mal waren wir zusammen in Armentarola. Und ich war auch erleichtert, weil diese schwierige Zeit der Trauer über den körperlichen Verlust meiner Seelenhündin nun abgeschlossen war.

Nun konnte ich die spirituelle Verbindung und Kommunikation mit ihr weiterführen, so wie sie wenige Tage nach ihrem Tod begonnen hatte. Die kleine Lucie war an diesem Tag eine sehr mitfühlende Begleiterin, genauso wie ihre Mama Zoe an Sentas Todestag.

Noch im Dezember waren wir in Armentarola gewesen und hatten acht schöne Tage bei Pulverschnee, blauem Himmel und Sonnenschein verbracht. Senta fraß nur noch Hühnchen mit Reis aus der Hotelküche, ihre Verdauung war auch nicht unbedingt optimal, und so viel laufen wie sonst konnte sie auch nicht mehr.

Ich sah davon ab, den dortigen Tierarzt aufzusuchen – und so verlebten wir acht unbeschwerte Urlaubstage. Senta hatte seit einiger Zeit einen dicken Knubbel am Bauch und unser Tierarzt hatte gemeint, das sei nicht Schlimmes.

Zu Hause fraß Senta immer weniger – sie genoss aber ihr Filetsteak und die vielen geschenkten Leckerlis am Heiligabend und wir feierten ein schönes Weihnachtsfest.

Am 3. Januar 2022 gingen wir dann zu unserem Tierarzt. Das große Blutbild zeigte einige Auffälligkeiten, und eine Freundin meinte, ich soll mich darauf vorbereiten, dass es nicht mehr lange dauern würde mit Senta. Denn ihre Leber arbeitete nicht mehr richtig. Zwei Tage später waren wir zur ersten Ultraschalluntersuchung, bei der nichts Auffälliges gefunden wurde. Ich hatte das Gefühl, dass wir noch eine Chance hatten.

Einen Tag danach ging es dann los – mir wurde gesagt, dass ich Senta so sehr helfen könnte, wenn ich einen kleinen Welpen dazu nehmen würde.

Ganz ehrlich: an diesem Tag hätte ich ALLES getan, nur damit Senta wieder gesund würde. Auf die sehr gefühlvolle Nachricht antwortete ich erst spät am Abend. Es fiel mir auf, dass ich dreimal beginnen musste, weil irgendwie alles immer wieder weg war. Heute weiß ich, dass das Universum (oder wer auch immer) mir einen Hinweis geben wollte.

Ich hatte ja im letzten Jahr schon verschiedene Ansichten zu dem Thema, das letzte war der Entschluss, keinen Hund mehr zu nehmen. Aber ich wollte ja, dass Senta 15 wird. Sie war jetzt 10 Jahre und 8 Monate, und manche Leute meinten, die wäre ja sowieso schon so alt! Daher redete ich gar nicht mit vielen Menschen über Sentas Gesundheit.

Ich wünschte mir und wollte alles dafür tun, dass sie wieder ganz gesund würde!

Und dann kam drei Wochen später eine erneute Blutuntersuchung mit viel höheren Werten und wieder eine Ultraschalluntersuchung, die den schlimmen Zustand von Sentas Leber zeigte.

Am Abend rief dann die Bekannte an und schlug mir wieder vor, einen Welpen zu nehmen. Sie würde dafür sorgen, dass ich den bekäme. Ich war in einem Ausnahmezustand, denn der Tierarzt hatte gesagt, er könne nur noch eine palliative Behandlung verordnen. Ich aber hatte wieder ein klein wenig Hoffnung.

Und dann kam eine ganz emotionale Phase – sie endete am Samstag, dem 5. Februar 2022 um 13.15 Uhr mit Sentas Tod. An diesem Tag war eine Freundin da, die auch schon zwei Tage zuvor mit ihrem Schäferhund bei uns zu Besuch gewesen war und mir nun hilfreich zur Seite stand. Sie brachte eine kleine braune Kelpiehündin namens Zoey mit, die eine ganz empathische Trauerbegleiterin war.

Mir wurden mehrere Berner Sennenwelpen angeboten – aber ich merkte, dass es dafür noch viel zu früh war. Zu groß war meine Trauer um Senta. Vier Tage nach ihrem Tod buchte ich diese Reise nach Armentarola, von der ich jetzt zurückgekehrt bin. Ich bestellte eine sehr schöne Urne, mit der ich ihre Asche ausstreuen könnte.

8 Tage nach Sentas Tod gingen wir zusammen essen und die Freundin brachte Lucie mit, die 14 Monate alte Tochter von Zoey. Niemand sprach davon, dass Lucie zu mir kommen könnte. Vier Wochen nach Sentas Tod gingen wir zusammen spazieren, zwar war Zoey nicht dabei, aber Lucie und zwei weitere Kelpie-Kinder von ihr und wieder der Schäferhund, den ich ja schon kannte.

Am Abend zuvor war meine Stimmung auf dem Tiefpunkt gewesen: Senta seit vier Wochen tot, Corona-Krise, Krieg in der Ukraine und vier Tage lang Ausfall der Heizung in meiner Wohnung.

Der Spaziergang mit den vier munteren Hunden hatte meine Lebensgeister wieder geweckt – und so dachte ich darüber nach, eine andere Rasse zu nehmen. Schaute auf der Homepage des Tierheims, aber so richtig sagte mir da kein Hund zu. Schon vorher hatte ich nach einem älteren Berner Sennenhund Ausschau gehalten, mir waren noch mehr Welpen angeboten worden, aber ich merkte, dass ich weder einen Welpen noch einen Berner Sennenhund haben wollte.

Auch andere ältere Hunde aus dem Tierheim waren mir angeboten worden, sowie ein alter Hund, dessen Herrchen gerade gestorben war. Ich wäre bereit gewesen, ihn aufzunehmen, aber ich musste immer an die muntere kleine Kelpie-Hündin denken. Schaute Rasseportraits im Internet, glaubte nicht alles, was dort stand, und rief dann die Freundin an, die die Hunde züchtet. Nicht mit einem einzigen Wort hatte sie mir ihre Hündin angeboten – ich fragte und fragte nach den Eigenschaften, und schließlich auch, ob sie mir die Hündin geben würde.

Und so kam Lucie 2 Tage später zu mir, wir verstanden uns gleich sehr gut. Ich dachte daran, dass ich diese denkwürdige Reise mit Sentas Asche dann nicht alleine machen müsste.

Aber jeden Tag wurde es schwieriger für mich – ich bemühte mich, Lucie beizubringen, an der Leine zu laufen, auf Radfahrer zu achten und nett zu anderen Spaziergängern zu sein. Mit wechselndem Erfolg. Aber eins schaffte ich nie: sie zu beruhigen, wenn sie einen anderen Hund traf. Sie geriet dann völlig aus der Fassung und bellte lautstark, noch lange, nachdem der andere Hund schon wieder verschwunden war.

Ich las in den Büchern von José Arce und versuchte sie immer wieder zu beruhigen bei diesen Ausbrüchen. Das Laufen an der Leine ging schon ab und zu ganz gut, und wir gingen auf eine Wiese hier im Viertel, wo sie an einer langen Leine rennen und toben durfte. So, wie ich den „strukturierten Spaziergang“ bei José Arce gelernt hatte.

Je näher unsere Reise rückte, desto mehr schmerzte mein linker Fuß, auch meine Arme wurden schon etwas lahm von den Anstrengungen, Lucie an der Leine zu halten.

Auf der Terrasse in Armentarola winkte uns eine Hundebesitzerin mit einem großen alten und sehr lieben Golden Retriever heran, der Lucie interessiert anschaute. Aber sie konnte sich nicht beruhigen und bellte minutenlang.

Es waren ziemlich viele Gäste mit ihren Hunden da, und alle wollten die Hunde bei den Mahlzeiten nicht auf dem Zimmer lassen. So wurde jedes Frühstück und jedes Abendessen recht aufregend – zumal die Kellner und andere Gäste Lucie so niedlich fanden und ständig mit ihr Kontakt aufnahmen.

Von Tag zu Tag nahmen meine Schmerzen zu – ich hatte große Angst zu stürzen, denn der Boden war mit Eis, Schnee und Matsch bedeckt, und Lucie zog immer mehr an der Leine. Immer öfter rief ich „langsam“ und schrie auch manchmal vor Schmerzen.

Im Hotel sprachen mich die Seniorchefin Waltraud und der Koch Franz an, sie machten sich Sorgen um mich, weil das nicht der richtige Hund für mich sei. Im Internet fand ich zwei Anmerkungen:

„Für Senioren ist der Australian Kelpie weniger geeignet, da er ein wahres Energiebündel ist. Senioren, die physisch und psychisch nicht mehr in der Lage sind, den Bedürfnissen des Kelpies gerecht zu werden, ist daher der Kauf eines Hundes dieser anspruchsvollen Rasse nicht zu empfehlen.

Darüber hinaus ist der Australian Kelpie äußerst bellfreudig. Durch seinen Beschützerinstinkt kann es schon in kleinsten Situationen wie zum Beispiel bei einer Begegnung mit einem fremden Menschen zum lauten Bellen kommen, da diese in ihm oft sein Misstrauen wecken.“

https://www.edogs.de/magazin/hunderassen/australian-kelpie/

Am nächsten Morgen war ich aufgelöst – die Schmerzen ließen mich nicht mehr schlafen und der Stress beim Frühstück nahm nochmals zu. Ich musste meinen Freunden recht geben mit ihrer Meinung, dass diese Hunderasse nicht zu mir passte – obwohl die kleine Lucie sich schon einen Platz in meinem Herzen erobert hatte und wir auch viele schöne und glückliche Momente erlebten.

Ich beriet mich mit Waltraud und rief dann die Freundin und Züchterin an – ich konnte einfach nicht mehr.

„Du verlierst Lucie nicht, wenn sie wieder zu mir kommt“, sagte sie, „Lucie wird jetzt zwei Familien haben.“ Und wir berieten, dass ich Lucie auf meiner Rückreise direkt zu ihr bringen sollte. Denn an dem Morgen hatte ich meinen Arzt in Bamberg angerufen, um einen Termin für Montag zu bekommen.

Die Hotelleitung beauftragte Hausdiener, die dann am Samstag mit Lucie spazieren gingen. So konnte ich mich etwas ausruhen für die Rückreise am nächsten Tag.

Als wir bei Lucies Zuhause ankamen, sprang sie mit einem Satz aus meinem Auto in das Auto gegenüber, wo schon ihre Mama und der Schäferhund auf sie warteten: Es sollte zum Gassilaufen gehen!

So kam ich erstmalig nach 17 Armentarolareisen ohne Hund in meine Wohnung zurück. Ich konnte mich um das Gepäck kümmern, musste nicht mehr zu später Stunde hinaus und konnte ruhig schlafen.

Am Montag war ich bei meinem Arzt: Der linke Fuß ist stark entzündet durch Überlastung, ich werde mich eine Weile schonen müssen. Der Arzt war froh, dass ich den Hund schon zurückgegeben hatte – sonst hätte er das empfohlen.

Nun wird es 5 Monate dauern, bis ich wieder nach Armentarola fahre – diesmal ohne Hund und mit genug Platz für mein kleineres Gepäck.

Das Leben darf ruhig etwas leichter werden – auch wenn mir Senta und die kleine Lucie immer fehlen werden. Aber meine Gesundheit ist mir sehr wichtig, und ich hoffe, dass ich bald wieder ganz fit sein werde.

Ich ende mit diesem schönen Foto von Senta am Gaderbach in Armentarola – da, wo sie mir immer wieder gesagt hatte: Hier möchte ich nicht mehr weg!

Von Louise Hay stammen diese Worte, die gut zu diesem Blogartikel und dem kleinen Wasserfall in Armentarola passen: „Ich bin auf einer endlosen Reise durch die Ewigkeit. In der Unendlichkeit des Lebens ist alles vollkommen, ganz und vollendet. Der Kreislauf des Lebens ist auch vollkommen, ganz und vollendet. Es gibt eine Zeit des Beginnens, eine Zeit des Wachsens, eine Zeit des Seins, eine Zeit des Verwelkens oder des Verfalls und eine Zeit des Abschieds. Sie sind alle Teil der Vollkommenheit des Lebens.“